Über 30 Interessierte trafen sich am Freitagnachmittag zum Streuobstwiesenspaziergang vor dem Dilsberger Tor. Eingeladen hatte der Naturpark Neckartal-Odenwald und bot den Besuchern einen Einblick in den einzigartigen Lebensraum. Mit dem 2022 gestarteten Projekt „Streuobst“ sollen Maßnahmen zum Schutz der Streuobstwiese erarbeitet werden.
Die Geschäftsführerin (keine Namensnennung erwünscht) der Naturakademie Heidelberg und Streuobstexperte Alexander Riederer freuten sich über das große Interesse an ihrem Angebot. Alexander Riederer berichtete zunächst, wie er zu seiner Leidenschaft fand: Als kleiner Junge konnte er auf den Obstwiesen seines Elternhauses die verschiedenen Äpfel- und Birnensorten reifen sehen und beobachten. Ihm liegt besonders die Erhaltung der alten Obstsorten am Herzen.
Bei strahlend blauem Himmel und frühlingshaften Temperaturen wanderte die Gruppe Richtung Westhang. Hier gab es zahlreiche Apfel- und Birnbäume zu sehen, die in schönste Blüte standen. An einem alten Birnbaum wurde Halt gemacht und die Besucher erfuhren von Alexander Riederer mehr über die Geschichte des Apfels. Der stamme ursprünglich aus Kasachstan: Almaty, die frühere Hauptstadt bedeutet so viel wie „Vater der Äpfel“. Dort liegt der Ursprung des kleinen Wildapfels. Bei den Römern waren um die 30 Sorten bekannt und sie waren auch schon mit der Technik des Veredelns vertraut. Später förderten Adlige und Klöster den Anbau von Apfelsorten und Anfang des 19 Jahrhunderts wurde der Apfel zum wichtigen Bestandteil der Nahrungsgrundlage. Seine gesundheitsfördernde Wirkung, die Haltbarkeit und die Gewinnung von Most und Saft ließen den Anbau wachsen.
„In die Landschaft gestreut“ bieten Streuobstwiesen eine vielfältige und hohe Biodiversität und geben vielen Insekten Schutz. Die Streuobstwiese Dilsberg sei beispielhaft. Als Kräuterexpertin lud sie die Besucher ein, auf der Wiese nach der „Augenbraue der Venus“ zu suchen. Die Echte Wiesenschafgarbe wurde von neugierigen Gästen gekostet und für schmackhaft befunden. „Auch in der Kneippmedizin wird die Pflanze empfohlen.“, wusste die Kräuterexpertin. Als nächstes wurde die Wilde Möhre, die Ursprungskarotte, entdeckt und zum Riechen herumgereicht.
Riederer bot anschließend Einblicke in die historische Entwicklung der Kultivierung von Apfel und Birne. An einer alten Birne nahm er Maß: stattliche 60 cm Durchmesser ließen auf ein Alter von etwa 100 Jahre schließen. Für viele der Birnensorten sind leider keine Namen überliefert, zudem seien sie sehr aufwendig zu bewirtschaften und die Früchte müssen direkt verarbeitet werden. Mit dem Generalobstbaumplan von 1954 fielen zahlreiche alte Obstsorten den Rodungen zum Opfer.
An der nächsten Station wurden auf der Wiese stehende Obstbäume näher inspiziert. Riederer gab den Teilnehmern Hinweise zum richtigen Schnitt von Obstbäumen: In jungen Jahren erhält der Baum seine Form und das statische Gerüst, dass ihn viele Jahre trägt. Entscheidend sei, wo die Säge angesetzt wird. „Am besten nicht am Stamm und nicht in der Mitte“, merkte Riederer augenzwinkernd an. Kräuter fanden die Teilnehmer auch auf dieser Wiese: Wildknoblauch, auch als „Bärlauch“ bekannt, stand direkt neben dem giftigen, gefleckten Aronstab. Auch, wie sich Bärlauch am besten erkennen und von anderen Gewächsen unterscheiden lässt, lernten die Besucher.
Die Teilnehmer lernten an diesem Nachmittag einige Wildkräuter selbst zu bestimmen und erfuhren Wissenswertes über alte Obstsorten und Streuobstwiesen. Es lohnt sich also beim nächsten Spaziergang durch die Natur genauer hinzuschauen. Zum Abschluss gab es noch eine kleine Apfelsortenschau zum Probieren, u. a. Brettacher, Berlepsch und Öhringer. Auch Apfelsaft und Most durften gekostet werden. Mit Applaus bedankten sich die zufriedenen Besucher bei den Obstwiesenführern für die rundum gelungene Veranstaltung. Eine Wiederholung des Obstwiesenspaziergangs findet am 9. September um 16 Uhr statt.
B+T: mbue