In diesem Jahr fand die Gedenkfeier zum Volkstrauertag pandemiebedingt in kleiner Runde statt, ohne die Abordnung der Feuerwehr und ohne Chorgesang.
Ortsvorsteher Streib begrüßte die anwesenden Bürger, den Musikverein Trachtenkappelle Dilsberg unter der Leitung von Andreas Link und die Fahnenträger von Turnerbund, Kyffhäuserbund und Schützenverein.
In seiner Ansprache hob er hervor, dass das Gedenken an die Opfer von Krieg und Terror eine humanitäre Verpflichtung für alle Staaten Europas sei. Ein Blick auch auf die dunkle Seite unserer Geschichte sei wichtig, um die Wurzeln unserer Geschichte überhaupt zu verstehen. Nachdem zunächst die Gräber der Opfer der Kriege unter Wäldern verschwunden waren, erfordert es nicht nur die Humanität, diese Gräber wieder zugänglich zu machen. Und zwar die Gräber aller Opfer: Der Soldaten, der Menschen, die wegen ihres Glaubens, ihrer Rasse oder auch nur wegen einer bestimmten Volkszugehörigkeit umgebracht wurden. Nicht zuletzt ist der Menschen zu gedenken, die Widerstand gegen jegliche Gewaltherrschaft geleistet haben.
Streib appellierte: Wir müssen die Topografie des Terrors noch genauer als bisher in den Blick nehmen. Dazu gehören die zahllosen Konzentrations- und Vernichtungslager sowie das Gulag-System, die weite Teile Europas, von Sibirien bis in unsere Lande, wie ein dichtes Netzwerk des Schreckens überziehen.
Selbstverständlich gilt unser Gedenken auch den Soldaten der unterschiedlichen Kriegsparteien, ohne Ansehen ihrer Herkunft, denn auch sie haben unsäglich gelitten, wurden gequält und in den Tod getrieben. Streib mahnte: Der europaweite Anstieg von Gruppierungen und Organisationen, die Hass und Streit propagieren und im nationalen Egoismus die Zukunft unsere Völker sehen, ist besorgniserregend. Daher ist es Aufgabe der doch weit überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung unsere Demokratie und Toleranz aktiv zu schützen. Das sind wir sowohl den Opfern von Krieg und Gewalt, als auch den zukünftigen Generationen schuldig.
Der Ortsvorsteher schloss seine Ansprache mit den Worten: „Wir trauern um die Opfer der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage, um die Opfer von Terrorismus und politischer Verfolgung, um die Bundeswehrsoldaten und anderen Einsatzkräfte, die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren. Wir gedenken heute auch derer, die bei uns durch Hass und Gewalt gegen Fremde und Schwache Opfer geworden sind. Wir trauern mit allen, die Leid tragen um die Toten, und teilen ihren Schmerz.“
Für die Kirchen sprach Frau Pfarrerin Deichl zu den Anwesenden.
Sie stellte in den Fokus ihrer Ansprache neben dem Gedenken die Mahnung, sich für Frieden und Versöhnung in der Welt einzusetzen. Auch wenn wir bei Krieg und Gewalt immer zunächst an ferne Länder denken, so sollte uns doch bewusste sein, das kriegerische Gedanken im Kleinen ihren Anfang nehmen. Ein Samenkorn dunkler Gedanken kann auf fruchtbaren Acker fallen, und wachsen und sich verbreiten.
Pfarrerin Deichl stellte die Frage: „Ist Ihnen aufgefallen, mit wieviel Nachdruck und Wut und teilweise auch Gewalt in den letzten Monaten verschiedene Themen auf den Tisch kommen? Z.B. die Reaktionen auf die Einschränkungen durch die Pandemie. Da werden Menschen wegen ihrer Meinung und ihrer Entscheidungen bedroht: Politisch Verantwortliche, Ärztinnen und Wissenschaftler.
Die Tatsache, dass das „Ich“ immer groß und das „wir“ immer kleiner geschrieben wird, macht Angst. Und das ist es – so Deichl – was uns entzweit. So ziehen kriegerische Gedanken bei uns ein, wenn es nur noch darum geht: „Wer hat recht? Und wer ist der oder die Stärkere? Und wie setze ich mich am besten durch?“
Der biblische Prophet Micha hat schon aufgerufen: Schmiedet Schwerter zu Pflugscharen! Wir müssen wieder weg von Kampf und Zerstörung, hin zu säen und pflanzen und Aufbau.
Deichl nahm die Anwesenden mit in ihre Gedanken: „Ich habe in den letzten Wochen oft gedacht, dass es an der Zeit ist, dass auch wir umdenken und neue, grüne Lebenssamen und Lebensgedanken verbreiten, die unserer Gemeinschaft gut tun. Der Gemeinschaft im Ort, in den Vereinen in der Kirche – hier auf dem Dilsberg, aber auch darüber hinaus in der Welt.“
Sie machte Mut mit der Beobachtung, dass „zwischen den Samenkörnern dunkler Gedanken es wieder grünt und wächst. Ein Anfang und eine Hoffnung… Das wäre mein Wunsch in diesen Zeiten.“ Dazu kann auch das Gebet eine gemeinsame Kraft sein, die verbindet.
Ein Fürbitte-Gebet und ein gemeinsames „Vater unser“ schloss ihre Ansprache ab.
Als Ortsvorsteher Streib und Pfarrerin Deichl die Kranzschleifen zurecht legten senkten sich die Fahnen der Abordnungen zum Lied vom „Guten Kameraden“.
Der Ortsvorsteher schloss die Feierstunde mit einem Dank an allen Mitwirkende und alle Besucher.
Text: Walter Berroth
Bilder: Monika Nohe-Weinert
15.11.2021