Ein Hauch von New York in Dilsberg: Jazzkonzert in der Kirche

23.03.2025

„Cello meets Jazz“: Alexandra Netzold und Oliver Taupp nahmen ihr Publikum in der evangelischen Kirche mit auf eine Reise durch die Welt des Jazz. Von Claude Bollings „Cello-Jazzsuite“ über lateinamerikanische Rhythmen bis zu Broadway-Klassikern – das Duo faszinierte mit einer Mischung aus Leidenschaft und Perfektion.

Pfarrerin Michaela Deichl begrüßte die Gäste im Namen des Fördervereins der evangelischen Kirche, der das Konzert organisiert hatte. Sie kennt Alexandra Netzold seit Jahren; die Cellistin entdeckte dadurch die Dilsberger Kirche als geschätzten Konzertort.

Den musikalischen Rahmen des Abends bildete Claude Bollings „Cello-Jazzsuite“, die klassische Formen mit jazziger Leichtigkeit verbindet. „Baroque in Rhythm“ eröffnete das Konzert swingend, präzise und voller Energie. In der „Ballade“ wechselte der Puls der Melodie zwischen Klavier und Cello. Der dritte Satz, „Galop“, machte seinem Namen alle Ehre – rasant und sprühend vor Spielfreude. Zwischen den Sätzen entfalteten Netzold und Taupp eine musikalische Weltreise – von der Sinnlichkeit Südamerikas bis zur Eleganz des Broadway. Antonio Carlos Jobims „Meditacao“ und „Chega De Saudade“ sowie Astor Piazzollas „Libertango“ brachten lateinamerikanische Farbenpracht in die Kirche.

Die Musik, melancholisch und rhythmisch fließend, riss das Publikum zu Freudenrufen und spontanem Applaus hin. Netzold und Taupp verbanden die Klangwelten mit tänzerischer Unbeschwertheit und meisterhafter Balance zwischen Sehnsucht und Kraft. Auch die Klassik kam nicht zu kurz: Bohuslav Martinus „Slovacian Variations“ begann zunächst schwermütig, gewann dann an Tempo und arbeitete sich impulsiv aus der Schwere heraus. Tschaikowskys „Valse Sentimentale“ knüpfte an diese emotionale Tiefe an, verweilte aber zarter zwischen Wehmut und Leichtigkeit. Netzold und Taupp interpretierten die Werke mit feinem Gespür für Nuancen und Gefühle.

Das Künstlerduo stellte den Zuhörern den Jazz in seiner ganzen improvisatorischen Freiheit vor: Chick Coreas „Friends“ erklang verspielt und groovig, während Gershwins „Summertime“ die Atmosphäre mit Melancholie erfüllte. Mit dynamisch gesetzten Nuancen brachten die Musiker den Klassiker zwischen Zurückhaltung und expressiver Intensität zum Blühen. „I Got Rhythm“ ließ innerlich aufjauchzen und die Füße in den Kirchenbänken tänzeln. Im Kontrast dazu stand „My Funny Valentine“, in dem das Duo die lyrische Seite des Jazz hervorhob. Mit „Slavic Cello“, einem von Oliver Taupp 2024 komponierten und Alexandra Netzold gewidmeten Werk, setzten die Musiker einen weiteren Glanzpunkt.

Netzold und Taupp ließen Cello und Klavier miteinander tanzen, flirten, solistisch eigene Wege gehen – und immer wieder zueinander zurückfinden. Himmlisch! Die etwa 40 Gäste schwebten im Jazzglück. Für eine Stunde vergaßen sie die Gedanken an den Alltag und spendeten am Ende tosenden Applaus.

Ernst Merdes vom Förderverein dankte dem Künstlerduo. „Ich bin sprachlos angesichts dieser Hingabe und Perfektion“, sagte er gerührt. Die Musik versetze ihn in eine der großen Konzerthallen von New York oder London. Mit einer erneuten Interpretation von „Summertime“ verabschiedeten sich die Musiker. Das Publikum ließ auf der Kirchenterrasse das Konzert mit einem Glas Sekt oder Saft nachklingen und schwärmte: „Das war fantastisch!“.

Alexandra Netzold, eine europaweit renommierte Konzertcellistin und Pädagogin, gewann unter anderem den internationalen „Charles Hennen Concours“. Sie tritt bei bedeutenden Festivals auf und ist als Dozentin und Jurorin tätig. Oliver Taupp, Pianist mit klassischem und jazzmusikalischem Schwerpunkt, arbeitet als Klavierlehrer in Heidelberg und leitet Musical- und Schauspielproduktionen.

T. mbue

B. BZ