In einer dritten Runde waren die Bürgermeisterkandidaten für die Wahl am12. Mai 2024 zu einer Vorstellungsrunde in die Graf-von-Lauffen-Halle gekommen. In der voll bestuhlten Halle waren nicht alle Stühle besetzt, obwohl auch einige Neckargemünder und Mückenlocher Bürgerinnen und Bürger gekommen waren. Manche waren da, um ihren Kandidaten der Wahl auch mit gezielten Fragen zu unterstützen.
Der Vorsitzende des Wahlausschusses und erster Bürgermeisterstellvertreter Jürgen Rehberger begrüßte alle Anwesenden und rief sie auf, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Ortsvorsteher Erles verband mit seinem Grußwort die Aufforderung, bei der anschließenden Kandidatenbefragung sachlich und fair zu bleiben.
Dann übernahm der Moderator des Abends, Herr Dr. Hanns-Uwe Richter die Regie. Als „Spielregeln“ stellte er vor: Alle Kandidaten haben – ohne dass die Mitkonkurrenten dabei sind – 10 Minuten Zeit, sich vorzustellen. Die Reihenfolge richtete sich nach der Wahlliste. Ton- und Bildaufnahmen waren nicht gestattet.
Als Erstes sprach demnach Hermann Katzenstein, der von der Partei „Die Grünen“ unterstützt wird. Der Diplom-Physiker war zunächst an der Universität Heidelberg tätig, zuletzt als Vorsitzender des Personalrates. Heute ist er Landtagsabgeordneter der Grünen für unseren Wahlkreis. Er sieht Verbesserungsoptionen für die Stadt, „die ich gemeinsam mit Ihnen gestalten will“.
Er stellte fest, dass unter Bürgermeister Volk vieles liegen geblieben sei und vermisst vor allem eine langfristige Planung.
Seine Vorschläge zu Dilsberg:
- Verbesserung der Wohnsituation
- Einrichtung eines Bürgerbusses
- Bau des Feuerwehrhauses auf der Tuchbleiche
- Erstellung eines Dorfentwicklungsplanes
Für Neckargemünd schlägt er u. a. eine Schwenkbrücke über die Elsenz und Verbesserung des Aufenthaltes am Neckarlauer vor. Im Pflughof möchte er ein Jugendzentrum und an anderer Stelle ein Familienzentrum installieren.
Die Gebühren für die Kindertagesstätten sollen nach Einkommen gestaffelt werden. Im Mittelpunkt seines Handelns soll aber der Klima- und Artenschutz stehen. Auf seine Beziehungen zur Landesregierung hinweisend, formulierte er abschließend:
„Ich werde Neckargemünd zusammen mit Ihnen gestalten und bitte daher um Ihr Vertrauen.“
Kandidat Jan-Peter Seidel stellte zunächst seine berufliche Laufbahn vor: Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg, Assistententätigkeit an der juristischen Fakultät. Seit fünf Jahren bei der Stadtverwaltung Neckargemünd zuständig für Immobilien, Bauverwaltung, Bauwesen und Recht und damit Vorgesetzter für 80 Mitarbeitende.
Er betonte seine Unabhängigkeit und die Tatsache, dass CDU und SPD seine Kandidatur ausschließlich ideell unterstützen. Er hob hervor, dass er als Bürgermeister stetig vor Ort sein werde, das Rathaus als Dienstleistungszentrum und das Ordnungsamt mehr als Hinweis- denn als Strafbehörde sähe.
Seidel will eine klare Haushaltsdarstellung und den Verzicht auf Prestigeobjekte. Neckargemünd soll besser vermarktet werden. Jung und Alt sollen besser vernetzt werden.
Für Dilsberg stellt er sich vor: ein Feuerwehrhaus auf der Tuchbleiche zusammen mit Ortsverwaltung und Vereinstreffpunkt. Im bisherigen Rathaus soll ein gastronomischer Betrieb einziehen. Das Trauzimmer soll aber erhalten bleiben.
Die Schule soll durch einen Neubau ersetzt werden. Daneben soll eine neue Kindertagesstätte entstehen. Das alte Kindergartengelände ist zu verkaufen.
In der Rainbach möchte er durch klare Vorgaben eine verträgliche Lösung erreichen.
Bürgermeister Frank Volk stellte seine Laufbahn bei der Volksbank dar und dankte seiner Familie für die Unterstützung in den Jahren seiner Amtstätigkeit. Er stellte fest, dass er in der Verwaltung ein konstruktives Miteinander geschaffen habe. Die Vereine liegen ihm sehr am Herzen.
Die Grundschule in Dilsberg will er erhalten und ein neues Gebäude erstellen lassen. Der Ganztagsbetriebe soll in allen Schulen Neckargemünds ausgebaut werden.
Volk hob hervor, dass er den Erhalt der Jugendherberge mit bewirkt habe und die Stadt seit seinem Amtsantritt sauber geworden sei.
Mit einem Baulückenkataster sollen Baulücken aufgespürt werden.
Sowohl im alten E-Werk als auch in den Ortsteilen sollen Jugendbegegnungsstätten installiert werden. Die Digitalisierung der Verwaltung will er weiter vorantreiben.
Das Feuerwehrhaus in Dilsberg hat für ihn oberste Priorität, zu bauen am alten Hofweg. Die Tuchbleiche ist für ihn als Standort ungeeignet, u. a. wegen des Wegfalls der dringend benötigten Parkplätze.
Der Nahverkehr soll verbessert werden, auch indem ein Bürgerbus für Dilsberg eingerichtet wird.
Volks Wahlversprechen: „Auch in den nächsten acht Jahren werde ich mich für meine Heimatstadt einsetzen.“ Neckargemünd soll nicht durch einen gleichzeitigen Wechsel im Gemeinderat und im Amt des Bürgermeisters belastet werden.
Kandidat Peter Schnurr lebt seit 2011 in Neckargemünd. Als ursprünglich gelernter LKW-Schlosser arbeitete er im Rohrleitungsbau, auch international. Heute ist er bei der Firma Schnurr-Rollladen beschäftigt. Sein Lebensmotto: „Machen ist wie wollen, nur noch krasser“. Dieses Motto bekleidete ihn auch zu seinem Freiwilligen-Einsatz im Ahrtal.
Schnurr betonte, dass er kein Programm habe und keine Versprechen machen wolle, die er nicht einhalten kann.
Für ihn ist es wichtig, Neckargemünd attraktiver zu machen, nicht nur für Touristen.
Dabei liegen ihm die Vereine und die ehrenamtliche Arbeit besonders am Herzen.
Auch für Hochwasserschutz und Maßnahmen gegen Starkregen will er sich engagieren. Windräder befürwortet er nicht. Das Feuerwehrhaus in Dilsberg sieht er als notwendig an, ohne zum Standort Stellung nehmen zu wollen.
Daniel Küppers dankte zunächst seiner Familie, dass sie für sein Bürgermeisterengagement Verständnis hat. Er sieht es als Vorteil für seine Kandidatur an, dass er kein Kommunalpolitiker sei. Er komme aber aus dem Bereich Finanzen.
Als freigestellter Betriebsratsvorsitzender in einem Unternehmen habe er gelernt, zuzuhören und diplomatische Lösungen zu finden.
Kommunalpolitische Ziele sollten gemeinsam mit den Bürgern gefunden werden. Für ihn stehen im Mittelpunkt Sauberkeit, Ordnung und Sicherheit in der Stadt.
Er fordert ein Kunstrasenspielfeld, damit auch Kinder und Jugendliche im Winter trainieren können. Es soll keine Windräder auf dem Lammertskopf geben. Die Altstadt sollte belebt und das Stadtmarketing optimiert werden. Schulen und Kindertagesstätten sollten digitalisiert werden. Zum Bohrermarkt gehört für ihn ein Festzelt.
Abschließend rief er auf, ihn zu wählen, da er parteilos, neutral, unabhängig und nicht vorbelastet sei.
An diese Vorstellungsrunde schloss ich dann eine nahezu eineinhalbstündige Fragerunde an. Der Moderator gab dazu folgende Spielregeln vor:
Die Fragenden mussten ihre Namen und ihren Wohnort nennen und durften nur eine Frage stellen. Es sollten keine Statements abgegeben werden. Die Frage musste in maximal dreißig Sekunden gestellt sein. Die Fragenden sollten angeben, an wen sie ihre Frage richten.
Die zu befragenden Bürgermeisterkandidaten hatten dann maximal 90 Sekunden Zeit, um auf die Fragen zu antworten. Die meisten Fragen wurden nur an die Kandidaten Katzenstein, Seidel und Volk gerichtet.
Nach kurzem Zögern kam die erste Frage: Was hätten Sie mit dem Minispielfeld gemacht? Die Antworten:
Volk: Die ursprüngliche Baugenehmigung war falsch. Daher konnte das Landratsamt von uns die Beseitigung verlangen.
Katzenstein: Man hätte die Nutzungsänderung vielleicht ändern oder einen anderen Standort finden können.
Seidel: Ich hätte die Vereine aufgerufen, einen Ersatzstandort zu benennen oder offensiv um die Änderung der Baugenehmigung gerungen.
Frage an Seidel: Wie wollen Sie alle die genannten Projekte finanzieren?
Seidel: Die Projekte sind für einen Zeitraum bis 2040 vorgesehen. Das wäre im städtischen Haushalt durchaus darstellbar.
Frage: Wie können grundsätzlich 30 km/h-Beschränkungen eingeführt werden?
Katzenstein: Wir können nur über die städtischen Straßen, nicht aber über Kreis- und Bundesstraßen entscheiden.
Seidel: Stimmt Katzenstein zu und will zusätzlich einen Lärmaktionsplan erstellen lassen.
Volk: Der Gemeinderat hat einen Lärmaktionsplan beschlossen.
Frage: Wann gibt es eine Toilette für Busfahrer am Bahnhof?
Alle drei angefragten Kandidaten stellten fest, dass dies am Betreiber des Bahnhofes liege, der dann, wenn die Gaststätte geöffnet ist, einen Zugang zu den Toiletten ermöglicht. Seidel möchte noch eine Toilette am Neckarlauer installieren.
Frage: Wird es einen Bebauungsplan für Rainbach geben und wie soll die Benutzung des Uferweges gesichert werden?
Katzenstein: Der Investor hat zugesichert, den Weg für alle offenzulassen. Es ist ein Neuanfang im Umgang mit dem Investor nötig. Der Gemeinderat soll einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan erstellen.
Seidel: Der Investor wartet auf eine Änderung an der Rathausspitze. Ein Bebauungsplan hätte von vornherein erstellt werden müssen.
Volk: Ein Bebauungsplan kann derzeit noch nicht aufgestellt werden, da der Bürgerentscheid erst vor drei Jahren stattgefunden hat. Der Investor hat ein Gespräch mit ihm zugesagt. Er befürwortet die Übernahme des Weges durch die Stadt.
Frage: Wo soll geparkt werden, wenn die Parkplätze an der Tuchbleiche und am Neckarlauer wegfallen?
Katzenstein: Die Parkplätze am Neckarlauer reichen aus, wenn die Brücke über die Elsenz kommt.
Seidel: Die Reduzierung der Plätze am Neckarlauer ist zunächst nur ein Versuch.
Volk: Am Neckarlauer fallen nur fünf Parkplätze weg. Die Tuchbleichenplätze werden dringend gebraucht, daher keine Baumaßnahmen dort.
Frage: Ist der Bau des Feuerwehrhauses an der Tuchbleiche möglich?
Volk: Wegen der vorhandenen Zisterne muss die Zufahrt zunächst geprüft werden.
Der Wegfall der Parkplätze wäre unverantwortlich.
Katzenstein: Der geplante Standort für die Feuerwehr bedeutet einen zu großen Eingriff in die Natur.
Frage: Welche Vorstellungen haben Sie zur Klimaneutralität?
Katzenstein: Der Gemeinderat hat eine Wärmeplanung auf den Weg gebracht. Es soll eine Flusswärmepumpe installiert werden. Solaranlagen sollen in der Altstadt und auf den städtischen Gebäuden ermöglicht werden. Er will einen Klimamobilitätsplan erstellen und hofft auf die Windräder am Lammertskopf.
Seidl: Ein Nahwärmenetz ist zu empfehlen. Das zu erstellen, benötigt aber mindestens fünf Jahre. Der Ausbau von Solarstrom ist notwendig.
Volk: Solarstrom auf Freiflächen wie in Mückenloch oder am Schwimmbad sollten genutzt werden, nicht aber in der Altstadt.
Frage: Ist es realistisch, kurzfristig an ein Feuerwehrhaus in Dilsberg zu kommen?
Katzenstein und Seidel sehen das als möglich an. Seidel: In 3 ½ bis 4 Jahren. Die Tuchbleichenlösung lässt sich schneller realisieren. Seidel will auch noch andere Standorte geprüft sehen.
Volk: Eine Standortalternativprüfung hat stattgefunden. Die Planung am Alten Hofweg soll bleiben. Durch die Petition ist der Bau stark verzögert worden. Wie dringlich der Neubau eines Feuerwehrhauses ist, zeigt sich anderen Tatsache, dass das neue Löschfahrzeug, das in Dilsberg benötigt wird, nicht mehr in die vorhandene Garage passt.
Frage: Wo sollen die Dilsberger feiern, wenn die Tuchbleiche wegfällt?
Katzenstein und Seidel: Auch wenn dort ein Feuerwehrhaus steht, wird es weiterhin möglich sein, dort zu feiern.
Volk: die Tuchbleiche ist der ideale Ort für Feiern. Eine Mischnutzung ist kaum möglich. „Ich möchte die Tuchbleiche für Euch erhalten und mit Euch dort feiern“.
Küppers: Die Tuchbleiche muss, so wie sie ist, erhalten bleiben.
Frage: Wie stehen Sie zu Treffpunktmöglichkeiten für Jugendliche in Neckargemünd und in den Ortsteilen?
Seidel, Volk und Schnurr sehen den Ausbau des E-Werkes zum Jugendtreff als beste Lösung an.
Küppers und Katzenstein wollen das Martin-Luther-Haus einbeziehen. Küppers schlägt einen Jugendtreff in der Tuchbleichenhalle vor und Katzenstein will die ehemalige Tanzschule Nutzinger nutzen.
Frage: Wie sehen sie die Verbesserung des Nahverkehrs?
Volk: Der Nahverkehr muss optimiert werden. Wir bieten aber bereits ein Ruftaxi an. Für den Hollmuth ist ein Bürgerbus vorzusehen.
Die Bürgerbusidee wird auch von Schnurr und Küppers befürwortet. Seidel und Katzenstein wollen auf die Ausschreibung der Linienbündel einwirken. Seidel steht für ein Bürgertaxi.
Frage: Was planen Sie für die über 65-Jährigen?
Schnurr: Jung und Alt sollen Gemeinschaft pflegen.
Küppers: Durch eine Bürgerbefragung soll der Bedarf erhoben werden.
Katzenstein will mit den Bürgern gemeinsam die Frage angehen.
Seidel: Die Frage gehört in die Stadtentwicklungsplanung. Auch in den Stadteilen sollten altersgerechtes Wohnen und Mehrgenerationshäuser geplant werden.
Volk: Ich habe das Amt einer Seniorenbeauftragten geschaffen. Es bedarf Treffpunkte für die Alten. Alle Maßnahmen sollten nur unter Beteiligung des betroffenen Personenkreises angegangen werden.
Frage: Gibt es konkrete Pläne für eine Wirtschaftsansiedlung?
Alle Kandidaten sehen die Möglichkeit eines Gewerbeparks o. ä hinter dem Edeka-Supermarkt.
Seidl sieht darüber hinaus Möglichkeiten in der Güterbahnhofstraße und am Kalkbrunnen.
Volk betont, dass unter seiner Ägide die Gewerbesteuereinnahmen von 1 Million auf 3 Millionen gestiegen seien. Durch die Nähe Neckargemünds zu Heidelberg sieht er vor allem Entwicklungschancen für medizintechnische Betriebe.
Letzte Frage: Was kann Familien angeboten werden, um hierherzuziehen?
Volk: „Wir sind attraktiv.“ Wir haben mit unserer Infrastruktur ein gutes Angebot. „Es geht der Stadt gut. Dafür werde er auch in den nächsten acht Jahren sorgen.“
Katzenstein stimmt der Bewertung des Bürgermeisters zu. Allerdings müsse die Jugendbetreuung verbessert werden.
Seidel findet Neckargemünd attraktiv, möchte aber die vorhandenen Potentiale noch besser nutzen. Dafür möchte er ein langfristiges Konzept bis 2040 erstellen.
Nach nahezu zweieinhalb Stunden wurde die Kandidatenvorstellung durch den stellvertretenden Bürgermeister Rehberger für beendet erklärt.
Dilsbergerhof, 27.April 2024 gez. Walter Berroth