Die Würfel sind gefallen

Bericht von der Sitzung des Ortschaftsrates Dilsberg am 19. September 2022

Es hatte sich als die richtige Planung herausgestellt, die Ortschaftsratssitzung mit den beiden bedeutungsvollen Tagesordnungspunkt „Bebauung Rainbach“ und „Wahl eines Ortsvorstehers“ in der Graf-von-Lauffen-Halle durchzuführen. Ca. 80 Bürgerinnen und Bürger waren erschienen, um an dieser für den Ortsteil bedeutenden Sitzung teilzunehmen.

v.l.n.r.: Anna-Magdalena Oehne-Marquardt (ORätin), Kurt Armitter (ORat), Maximilian Bernauer (ORat), Manuela Büch (ORätin), Roswitha Schneckenberger (Ortsverwaltung Dilsberg), Karlheinz Streib (Ortsvorsteher), Frank Volk (Bürgermeister Neckargemünd), Jürgen Maurer (ORat), Monika Nohe-Weinert (ORätin)

Zu seiner nach 28 Jahren Kommunalpolitik letzten Ortschaftsratssitzung begrüßte Ortsvorsteher Streib u.a. besonders Bürgermeister Volk, den Alt-Ortsvorsteher Bernhard Hoffmann und die beiden für das Amt des Ortsvorstehers kandidierenden Herren Erles und Schilling.

Der erste zu behandelnde Bauantrag war rasch erledigt: Der Bauherr, in der Unteren Straße, der ursprünglich neben sein Wohngebäude lediglich drei Garagen an der Stadtmauer bauen wollte, hat Konsequenzen aus der Ablehnung seines Baugesuches durch Ortschafts- und Gemeinderat gezogen. Er plant nun dort ein Wohngebäude mit drei Garagen zu erstellen. Diesem Plan stimmten die Mitglieder des Ortschaftsrates einstimmig zu.

Nahezu einstimmig war aber dann die Ablehnung der geplanten Baumaßnahmen auf dem bisherigen Gasthof-Neckartal-Gelände in Rainbach. Die neu eingereichten Pläne der Firma RED – Real Estate Development GmbH – nunmehr drei einzelne Bauanträge statt einem einzigen – wiesen folgende Änderungen gegenüber der bisherigen Planung aus:

  • Anstelle von fünf Gebäuden sollen nur noch vier errichtet werden. Das ursprünglich fünfte Gebäude, das im Außenbereich gebaut werden sollte, wird nun nicht mehr vorgesehen.
  • Das alte Gaststättengebäude soll erhalten bleiben.
  • Die bisher geplanten Flachdächer sollen durch Walmdächer ersetzt werden.

Die neu geplanten Gebäude entsprechen von Kubatur und Firsthöhe im Wesentlichen den früheren Planungen.

Nachdem Ortsvorsteher Streib alle drei Bauanträge kurz vorgestellt hatte, ergab sich aus der Diskussion Folgendes:

Ortschaftsrat Maurer fand die neue Planung vom Grundsatz her akzeptabel, aber nicht die Höhe der Gebäude, da sie alle anderen Häuser in der Umgebung erheblich überragen würden. Sein Fazit: Wenn alle vorgesehene Gebäude ein Stockwerk weniger aufweisen, sind sie genehmigungsfähig.

Ortschaftsrat Bernauer bezog eine andere Position: Für ihn sind die geplanten Gebäude nicht zu massiv. Er warnte: Wenn man ein Stockwerk wegnähme, würden die Gebäude in der Fläche größer geplant werden, was zu mehr Bodenversiegelung führen würde. Die einzelnen Wohnungen würden dadurch noch teurer. Es sei nach seiner Auffassung auch nur natürlich, dass der Bauherr bei seiner Planung auf seinen Profit achte. Er wollte sein Votum von der weiteren Diskussion im Ortschaftsrat abhängig machen.

Ganz anders die Position von Ortschaftsrätin Oehne-Marquardt: Sie fand, dass die Gebäude nicht in die Landschaft passten und wünschte sich bezahlbaren Wohnraum für mittlere Einkommen. Nach ihrer Auffassung dürfe es nicht sein, dass durch die Massivität der geplanten Bauten den Häusern am Neckarberg Luft und Sonne genommen werde. Zudem war ihr die Zufahrt zur geplanten Garage zu gefährlich. Schließlich bedauerte sie, dass der Investor bei seiner Planung nie die Bedürfnisse der Rainbacher Bevölkerung mit einbezogen habe.

Monika Nohe-Weinert schloss sich dieser Argumentation an. Sie störte sich vor allem in der Massivität der Bauten.

Ortsvorsteher Streib wies darauf hin, dass der § 34 Bundesbaugesetz für die Beurteilung dieser Bauten einschlägig sei. Dieser schreibe vor, dass neu zu errichtende Gebäude sich in die Umgebungsbebauung einfügen müssten. Dies sah er bei dieser Planung nicht gegeben. Er forderte für alle drei vorgesehenen Baukörper die Reduktion um ein Stockwerk. Darüber hinaus drückte er sein Unverständnis aus, dass zwei Fraktionen im Gemeinderat Neckargemünd, ursprünglich sogar der Bebauung im Außenbereich zugestimmt hätten.

Die abschließende Abstimmung ergab ein eindeutiges Ergebnis: Alle drei Bauanträge wurden mit sechs Nein-Stimmen und jeweils einer Zustimmung negativ beschieden.

Als nächstes lag die Liste der für den Haushalt 2023 zu beantragenden Mittel vor: Hier änderte der Rat die Priorität:  Die Verbesserung der Straßenbeleuchtung an der Bushaltestelle Steige, in der Bachgasse, im Schafgarten und in Bannholz- und Ränkelweg sollte bevorzugt angegangen werden.

Zu dem auf der Liste aufgeführten Forderung nach Ausbau eines digitalen Netzes  teilte Bürgermeister Volk mit, dass es Verhandlungen zwischen der Stadt Neckargemünd und der Netcom BW GmbH über einen Kooperationsvertrag zum Aufbau eines Glasfasernetzes in Neckargemünd gebe. Bei erfolgreichem Abschluss der Verhandlungen sei geplant, dass ab November 2022 die Bürgerinnen und Bürger aufgefordert werden, einen für mindestens zwei Jahre geltenden Vorvertrag mit dem Unternehmen abzuschließen. Wenn dann vierzig Prozent der Gebäudeinhaber einen solchen Vertrag abgeschlossen haben, soll mit dem Bau des Glasfasernetzes begonnen werden.

Zur nächsten Abstimmung stand der Antrag von Ortvorsteher Streib an, von seinem Mandat als Ortschaftsrat und Ortsvorsteher zum 30. September 2022 entbunden zu werden. Monika Nohe-Weinert, die als stellvertretende Ortsvorsteherin die Abstimmung durchzuführen hatte, konnte eine einstimmige Zustimmung des Gremiums feststellen.

Daraufhin übergab Bürgermeister Volk an Karlheinz Streib die zum 30. September geltende Entlassungsurkunde. Nur so war der Weg frei zur Verpflichtung von Frau Witt-Herrmann als Ortschaftsrätin, die nach Zustimmung durch den Ortschaftsrat vom noch amtierenden Ortsvorsteher vorgenommen wurde.

Eine gewisse Spannung verbreitete sich in der Halle, als es zur Wahl des Ortsvorstehers ging. Beworben hatten sich für dieses Amt die Herren Andreas Erles und Philipp Schilling, die sich zunächst vorstellten.

Andreas Erles erklärte, dass diese Bewerbung die zweite in seinem Leben sei. Die erste Bewerbung sei diejenige um seine Lehrstelle gewesen. Ansonsten habe er bis vor zwei Jahren sein von ihm aufgebautes Unternehmen geleitet, das er inzwischen abgegeben habe. Da die Reisewünsche, die er und seine Frau nach der Unternehmsaufgabe gehabt hätten, nun weitgehend befriedigt seien, wolle er sich gerne seinem Heimatort widmen. Er betonte, dass er mit Verwaltung bisher nur als Verhandlungspartner auf der Gegenseite zu tun gehabt habe, aber seine Lebenserfahrung wohl ausreiche, das Amt eines Ortsvorstehers auszuüben. Er sehe in der Ortspolitik keinen Platz für Parteipolitik. Er gehe von einem vertrauensvollen Miteinander aller Mitglieder des Ortschaftsrates aus.

An Ideen, die er in seiner Amtszeit verwirklichen wolle, brachte er neben seiner Erwartung nach baldiger Erstellung des Feuerwehrhauses und der Einrichtung einer öffentlichen Toilette in der Bergfeste u.a. ein:

  • Zufriedenstellende Lösung für das Minispielfeld
  • Erhalt des gesonderten Friedhofes für die Bewohner/innen des Dilsbergerhofes in der bisherigen Form
  • Erweiterungen der Öffnungszeiten der Burg
  • Ansiedlung einer Physiotherapiepraxis o.ä. im barrierefrei zugänglichen Sparkassengebäude
  • Unterbindung der Nutzung des Tuchbleichenplatzes als Abstellplatz
  • Einrichtung von Wohnmobilstellplätzen
  • Verbesserung der Busfahrpläne
  • Ergreifen von Maßnahmen zur Verbesserung der Fürsorge für bedürftige Mitbürger

Philipp Schilling, der zwar seit zwei Jahren wieder in Dilsberg wohnt, aber bisher lediglich in seiner unmittelbaren Nachbarschaft bekannt ist, gab von sich Preis: Er ist als Rechtsanwalt tätig und Vater dreier kleiner Kinder und sei gezielt wieder nach Dilsberg gezogen, da er und sein Frau diesen Ort ins Herz geschlossen hätten.  Zu seiner Motivation, für das Amt des Ortsvorstehers zu kandidieren, führte er aus:

Es sollte bei einer Wahl grundsätzlich mehr als einen Kandidaten/eine Kandidatin geben. Ein Ortsvorsteher, der selbst kleine Kinder hat, bringt eine besondere, die Familien und Kinder im Fokus stehende Sichtweise ein. Darüber hinaus hat ein neu Zugezogener den Vorteil, dass er neue, von der bisherigen Historie unbelastete Perspektiven einbringen kann. Er sei sich bewusst, dass er von vielen lokalen Dingen noch keine Ahnung habe, was aber den positiven Aspekt aufweise, dass er zum Zuhören gezwungen sei.

Er unterstütze ausdrücklich die von Andreas Erles benannten Ideen und fügte noch hinzu:

  • Den Tuchbleichenplatz und die Tuchbleichenhalle könnte man zur mehrgenerationsfähigen Ortsmitte ausbauen.
  • Die Ansiedlung von Gewerbe sollte gefördert werden.
  • Neben den Vereinsaktivitäten sollten niedrigschwellige Angebote für die Bürger geschaffen werden (Begegnungsmöglichkeiten, Feste u.a.).
  • Die Verwaltung sollte präsenter werden durch Online-Bürgersprechstunden außerhalb der üblichen Amtszeiten
  • Auch auf Teilortsebene sollte man für mehr Energieautonomie sorgen.

Abschließend hob er hervor:  Dadurch, dass er sich zu vielen Dilsberger Angelegenheiten noch keine Meinung gebildet habe, sei er geeignet, Diskussionsprozesse hin zu Kompromissen zu moderieren.

Da die Wahl zum Ortsvorsteher in die Kompetenz des Gemeinderates fällt, hatten die Mitglieder des Ortschaftsrates lediglich die Aufgabe, in einer geheimen Wahl dem Gemeinderat einen Kandidaten zur Wahl zum Ortsvorsteher Dilsbergs vorzuschlagen.

Von den sieben anwesenden Mitgliedern des Ortschaftsrates schlugen drei den Kandidaten Schilling und vier den Kandidaten Erles vor. Bürgermeister und Ortsvorsteher gratulierten dem Sieger dieser Wahl und dankten dem unterlegenen Kandidaten für seine mutige Kandidatur.

Zum Abschluss seiner letzten der insgesamt ca. 300 Ortschaftsratssitzungen, an denen er teilgenommen hat, dankte Ortsvorsteher Streib allen anwesenden Bürgerinnen und Bürger für ihr Interesse und schloss mit den Worten:

„Es war mir eine besondere Ehre, den Ort und die Stadt zu vertreten. Ich danke allen Bürgerinnen und Bürgern für das mir entgegenbrachte Vertrauen.“

Ausblick:

Auf der nächsten Sitzung des Ortschaftsrates am 17. Oktober 2022 soll Karlheinz Streib als Ortschaftsrat und Ortsvorsteher offiziell verabschiedet und Andreas Erles in sein neues Amt eingeführt werden.

Sitzungsort wird wieder die Graf-von-Lauffen-Halle sein.

Dilsberg, 20. September 2022                                                    

Text: Walter Berroth

Bilder: Sandra Rupp