Mit viel Textschwung begeisterten junge Künstler das Publikum
Drei Slam-Poeten brachten im Wechselspiel mit der Heidelberger Band „Wooden Glade“ künstlerischen Hochgenuss auf die Dilsberger Freilichtbühne. Mit Wortwitz und Leidenschaft gewährten die jungen Künstler Einblicke in ihre Gedanken- und Gefühlswelt. Heitere, intelligente und zum Nachdenken anregende Texte sorgten für einen abwechslungsreichen Spätsommerabend.
Zum mittlerweile fünften Mal hatte die Kulturstiftung Rhein-Neckar-Kreis in Kooperation mit „WORD UP!“ und den Stadtwerken Neckargemünd zu „Music & Poetry“ eingeladen.
Zu Beginn richtete sich der bange Blick in den Himmel auf die dunklen Regenwolken. Zur Erleichterung aller hielt das Wetter und sogar etwas Sonne kämpfte sich zeitweise durch. Die Zuschauerränge waren trotz der unsicheren Wettervorhersage gut gefüllt.
Moritz Konrad, selbst Poetry-Slammer führte auch dieses Jahr unterhaltsam durch das Programm. Nach der Begrüßung durch Ulrich Bäuerlein von der Kulturstiftung, übte er mit dem Publikum den Punkte-Applaus für die Künstler. Davon sollte es an diesem Abend reichlich geben. Slammerin Silvie le Bonheur war krankheitsbedingt ausgefallen, ebenso das vierte Bandmitglied von „Wooden Glade“ Annika Schlegel. Daher musste im Programm etwas umgestaltet werden.
Mit zwei Songs eröffneten „Wooden Glade“ den Poetry-Slam. Lisa Biggel (Vocals/Gitarre), Sarah Lindner (Vocals/Keys) und Fabian Kieser (Drums) beschenkten das Publikum mit sanften und vielseitigen Indie-Folk-Pop-Klängen. Im Lied „Matteo“ ging es um ein Straßenkind in Rom, von dem ein alter Mann mit Leierkasten erzählt.
Mühelos gelang es ihnen, das Publikum auf die Reise in ihre Songs mitzunehmen. Wooden Glade bescherten dem Publikum mit ihrem musikalischen Spirit immer wieder Gänsehautmomente.
Marvin Suckut freute sich über seine erste Reise auf den Dilsberg. Zum Aufwärmen hatte er zwei Texte mitgebracht. Zuerst ging es mit Lisa und Lars ins erotische Zwiegespräch über Gelingendes und Schwierigkeiten. Anschließend erlebte Bruno auf seiner Bahnfahrt brummbärige Banker und allerhand Abenteuerliches. Mit den charakteristischen Zungenbrechern der Alliteration brachte er das Publikum zum Lachen. In seinem zweiten Vortag ließ er an seinem Hobby des Spazierengehens teilhaben. Darin sei er zum Experten geworden und kenne inzwischen 90 verschiedene Arten zu gehen. Seine Versuche, diese miteinander zu variieren, um dem zunehmenden Reizverlust entgegenzuwirken, endeten jedoch mit Stürzen. Er beschloss, lieber Pirat zu werden. Mit schelmischem Witz berichtete er über den Schiffskurs, welchen er belegte und der ihn nach vielen Missverständnissen am Ende doch wieder zum Spazierengehen führte.
Antonia Jäcklin aus Heidelberg sah 2018 zum ersten Mal das Format des Poetry-Slams auf dem Dilsberg und begann, selbst Texte zu schreiben. Sie ist frisch gebackene baden-württembergische U20 Poetry Slam Landesmeisterin und stand bereits als Schauspielerin auf der Dilsberger Burgbühne. In „Theater macht schön“ beschrieb sie ihren Blick auf das Theater des Lebens, in dem jeder Amateur ist. In ihren Texten über Sexismus und Gewalt gegenüber Frauen und „Fuck 21. Jahrhundert“ setzte sich Tony Jäcklin kritisch mit der Frage „Wie hat eine Frau zu sein?“ auseinander. Pointiert ging es von Adam und Eva zu Schuldfragen und Machtgefällen zwischen Mann und Frau. Um mentale Gesundheit lässt sich auch im 21. Jahrhundert sorgen, denn Depressionen und dunkle Seiten passen so gar nicht in die scheinbar perfekte Welt. Darüber spricht man besser nicht laut. Lieber ein gebrochenes Bein, lautete das Fazit.
Wuschig und aufgedreht fühlte sich Richard König bei seinem Auftritt. Er berichtete über schwäbische Eigenarten und die erste Maultasche, die kürzlich sein einjähriger Neffe gegessen hatte. Das sei für einen Schwaben schließlich ein wichtiger Meilenstein. Seinen neuesten Text „Des Dichters Fluch“ hatte er in Anlehnung an Ludwig Uhland verfasst; er erzählte über die Kunst der Wörter, alte Meister als Fluch des Dichtertums und enttäuschte Erwartungen, die zu frustrierten jungen Dichtern führen sowie die Angst des Vergessenwerdens. Zum Abschluss trug er ein wunderbares Märchen über ein kleines Buch vor und wie es zum Mängelexemplar wurde. Gespannt lauschte das Publikum den Wortbildern. Das Märchen endete mit der Weisheit, dass die Geschichten, die wir in uns tragen, nie vergehen und wir mit all unseren Mängeln unseren Wert nicht verlieren.
Am Ende versammelten sich alle Künstler auf der Bühne und genossen sichtlich den anhaltenden Applaus. Ein gelungener Abend freuten sich alle Beteiligten.
Für die Verpflegung und der Pause sorgte das Team der Burgbühne Dilsberg. Christine Schneider, Andreas Wirthele, Uta Weitzell, Thomas und Petra Ochs sowie Katharina und Matthias (nicht im Bild) Dreschert hatten die Bewirtung organisiert. Mit Würstchen und Ofenkartoffeln im Angebot wärmten sich die Besucher auf, denn die Temperaturen waren doch nicht mehr ganz so sommerlich. Für Getränke war ebenfalls gesorgt.
Text: mbue
Bilder: BZ